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KI in der Medizin – Die Bedeutung neuer Technologien für Wirklichkeitsdeutungen, Verantwortungen und Wissensbestände im Interaktionsdreieck von Patient*innen, Ärtz*innen und Entwickler*innen

Jürgen Raab und Marija Stanisavljevic haben zusammen mit einem interdisziplinären Team, bestehend aus Forscher*innen von Karlsruher Institut für Technologie, Universität Heidelberg und Vivantes-Klinikum Berlin einen Planning Grant bei der Volkswagen-Stiftung eingeworben. Mit der Förderlinie „Künstliche Intelligenz – Ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft von morgen“ zielt die VW-Stiftung auf neuartige Projektkonstellationen und integrative Forschungsansätze aus den Gesellschafts- und Technikwissenschaften, die von sozialwissenschaftlichen Gegenwartsdiagnosen ausgehend neue Perspektiven, Einsichten und Lösungsansätze für die Gestaltung von Zukunft eröffnen. Das Team aus Medizintechnikern und Rechtswissenschaftlerinnen, Soziologen, Psychologinnen und Pädagogen wird zum Thema „KI in der Medizin – Die Bedeutung neuer Technologien für Wirklichkeitsdeutungen, Verantwortungen und Wissensbestände im Interaktionsdreieck von Patient*innen, Ärzt*innen und Entwickler*innen“ forschen.

Vor dem Hintergrund der unter dem Begriff ‚Künstliche Intelligenz‘ stattfindenden Entwicklungen sollen ausgehend von Gegenwartsdiagnosen neue Sichtweisen und Erkenntnisse mit Blick auf die Zukunftsgestaltung der Gesellschaft wie auch der Technologie ermöglicht werden. Hierbei sollen neuartige Projektkonstellationen und interdisziplinäre Zusammenarbeit für ein wissenschaftliches wie gesellschaftlich hoch relevantes Thema ermöglicht und durch die entsprechenden Perspektivenwechsel zu neuen Sichtweisen und Lösungsansätzen erreicht.

Das Team arbeitet dabei zum Thema „KI in der Medizin – Die Bedeutung neuer Technologien für Wirklichkeitsdeutungen, Verantwortungen und Wissensbestände im Interaktionsdreieck von Patient*innen, Ärzt*innen und Entwickler*innen“.

Das Vorhaben gründet auf der Einsicht, dass mit der Entwicklung und Implementierung von neuen Technologien nicht nur tatsächliche und erhoffte Verbesserungen der individuellen Gesundheit und des gesellschaftlichen Gesundheitssystems einhergehen, sondern sich die technischen Veränderungen auch auf die Wahrnehmungen und Deutungen und auf das Verhalten und das soziale Handeln der beteiligten Akteure und Akteursgruppen auswirken. Sie stellen die Handelnden vor neue berufliche und persönliche Herausforderungen und verändern Kommunikationssituationen und Rollenverständnisse im Wissenschaftssystem wie auch im sozialen Alltag. Die zunehmende Implementierung von KI als essentiellem Bestandteil der Medizintechnik lässt dabei veränderte Problemwahrnehmungen, Deutungsoptionen und Erwartungshaltungen im Interaktionsdreieck von Patient*innen, Ärzt*innen und Entwickler*innen erwarten.

Während der nun zunächst einjährigen Förderphase soll gemeinsam der Antrag auf einen Full Grant zur Realisierung eines mehrjährigen Forschungsprojekts erarbeitet werden.

In dessen Rahmen sollen dann Wahrnehmungen, Deutungen und Erwartungshaltungen im Interaktionsdreieck von Patient*innen, Ärzt*innen und Entwickler*innen empirisch erhoben, analysiert und typologisch beschrieben werden. Dies soll aufbauend auf den Einsichten der wissenschaftssoziologischen Laborforschung sowie auf der Grundlage von empirischen Analysen im betrachteten Interaktionsdreieck geschehen. Über das Format des ‚Reallabors’ sollen innovative methodische Wege eingeschlagen und neue empirische Sichtweisen und analytische Einsichten gewonnen werden. Als Ergebnis wird die Entwicklung eines Kompendiums zur Handlungsorientierung der beteiligten Akteure und Akteursgruppen angestrebt.

Forschungskonsortium

  • PD Dr. Frank Giordano, Dept. of Radiation Oncology and Radiation Therapy, University Medical Center Mannheim (UMM), Heidelberg University
  • M. Sc. Sabrina Golz, House of Competence, Karlsruhe Institute of Technology
  • Prof. Dr. Jürgen W. Hesser, Data Analysis and Modeling in Medicine, Mannheim Institute for Intelligent Systems in Medicine (MIISM), Interdisciplinary Center for Scientific Computing (IWR), Central Institute for Computer Engineering (ZITI), Heidelberg University
  • Dr. Alexa Maria Kunz, House of Competence, Karlsruhe Institute of Technology
  • Prof. Dr. Ines Langemeyer, Institute of Vocational Education & General Pedagogy, KIT
  • Dr. phil. Simone-Nadine Löffler, House of Competence, Karlsruhe Institute of Technology
  • Prof. Dr. Werner Nahm, Institute of Biomedical Engineering, Karlsruhe Institute of Technology (Leitung)
  • Prof. Dr. Jürgen Raab, Institute for Cultural and Social Sciences, Dep. of Sociology, University of Koblenz-Landau
  • Dr. Marija Stanisavljevic, Center for digital Teaching and Learning, Lucerne University of Teacher Education UTE, Switzerland
  • Prof. Dr. med. Andreas Umgelter, Vivantes-Humboldt-Klinikum, Berlin

Der zweite Theresienstadtfilm, seine Dokumentation und seine Rekonstruktion aus der Perspektive der Überlebenden

Forschungsvorhaben

Gegenstand des Vorhabens ist der lediglich in Fragmenten erhaltene NS-Propagandafilm zum Konzentrationslager Theresienstadt. Der 1944 gedrehte Film stellt ein Dokument der Verfolgung und Ermordung europäischer Juden während des zweiten Weltkrieges sowie der gesellschaftlichen Realisierung des Holocaust innerhalb der damaligen institutionellen, machtpolitischen und weltanschaulichen Strukturen dar.

Die Bedeutung und Funktion dieses Films, der ein Konzentrationslager als soziales Idyll und „Mustersiedlung“ inszeniert, ist historisch bislang nur in Einzelaspekten geklärt: Propagandistisch scheint er an die jüdische Bevölkerung im Reichsgebiet (und damit an potenzielle Opfer selbst) adressiert gewesen zu sein, ebenso an das Internationale Rote Kreuz sowie weitere staatliche und nichtstaatliche europäische Akteure.

Möglich ist zudem, dass er für Schulungszwecke der SS produziert wurde. Mit diesem Vorhaben sollen die vorliegenden Filmfragmente historisch, soziologisch und medienwissenschaftlich ausgewertet und für künftige Forschungen gesichert werden. Hierzu sollen im Rahmen von Filminterpretationen die Fragmente zusammengeführt, in ihrer Abfolge rekonstruiert und unter Berücksichtigung von Bildsprache und Filmästhetik analysiert und mit anderen historischen Filmdokumenten verglichen werden. Darüber hinaus sollen mittels qualitativer Interviews etwa zwanzig Überlebende des Konzentrationslagers gebeten werden, die Fragmente des Films auf Grundlage eigener Erinnerungen zu kommentieren. Die Gespräche sollen audiovisuell aufgezeichnet und in eine filmische Gesamtdarstellung eingearbeitet werden, die historische Filmsequenzen und Interviewpassagen kontrastierend zusammenstellt.
Insgesamt möchte das Projekt zur Rekonstruktion der Geschichte des Konzentrationslagers Theresienstadt, zur Soziologie der medialen Darstellung und gesellschaftlichen Realisierung des Völkermords sowie zur Sicherung weiteren historischen Datenmaterials beitragen.

Forschungsteam

Leitung:Prof. em. Dr. Hans-Georg Soeffner
Kooperationspartner:Dr. Ehrhardt Cremers (Technische Universität Dresden), Prof. Dr. Michael R. Müller (Technische Universität Chemnitz), Prof. Dr. Jürgen Raab (Universität Koblenz-Landau), Prof. Dr. Ofer Ashkenazi (Koebner-Minerva Center for German History, Hebrew University of Jerusalem), Prof. Dr. Moshe Zimmermann (Koebner-Minerva Center for German History, Hebrew University of Jerusalem), Prof. Dr. Benjamin Pollock (Franz Rosenzweig Minerva Research Center, Hebrew University of Jerusalem)
Projektmanagement:Lara Pellner (KWI), Dr. Marija Stanisavljevic (Universität Koblenz-Landau)

Beteiligte Universitäten

Hebrew University of Jerusalem

Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)

Technische Universität Chemnitz

Technische Universität Dresden

Universität Koblenz-Landau

Kooperierende Institutionen

Gedenkstätte Terezin

Vereinigung der Überlebenden von Theresienstadt

Jüdisches Museum Prag

National Film Archiv Prag

Yad Vashem, The Holocaust Martyrs' and Heroes' Remembrance Authority

Förderung

Förderer:Volkswagenstiftung
Laufzeit: 15.11.2017-14.11.2019

Tagungen

Internationale Tagung "Filmfragmente und Zeitzeugenberichte. Mythos, Historiographie und Soziologie des Ghettos und Durchgangslagers Theresienstadt"

Internationale Tagung "Multidisciplinary Perspectives on the Theresienstadt Film: Between Present Memories and Historical Questions"

Internationale Tagung "Der zweite Theresienstadtfilm - Irritationen - Interpretationen - offene Fragen"

Die Abteilung Soziologie beteiligt sich am campusübergreifenden und interdisziplinären Forschungsschwerpunkt KulturNorm - Kulturelle Orientierung und normative Bindung.

Nähere Informationen zum Forschungsschwerpunkt finden Sie auf der entsprechenden Webseite, auf der zudem eine Kurz-Präsentation des Forschungszusammenhangs sowie weiterführende Informationen zu Workshops, Tagungen und Publikationen gelistet sind.