Lecture Series

Die von Prof. Dr. Manuela Glaab geleitete Arbeitseinheit „Politisches System der Bundesrepublik Deutschland“ misst dem Praxisbezug politikwissenschaftlicher Forschung einen hohen Stellenwert bei.  Ziel ist es daher, Forschungsthemen, Studieninhalte und Berufspraxis miteinander zu verknüpfen. Dazu werden regelmäßig externe ExpertInnen und Kooperationspartner zu Vorträgen und Gesprächsrunden nach Landau an die RPTU eingeladen, um den Dialog zu den Themenschwerpunkten der Arbeitseinheit zu führen.

Die im Wintersemester 2014/15 aufgenommene Lecture Series zu aktuellen Fragen der Politikforschung will diesem Ansatz am Institut für Sozialwissenschaften einen Rahmen geben. Im  Austausch mit Gästen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft soll der Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis ermöglicht werden. Die Veranstaltungen der Lecture Series geben den Studierenden Impulse zur Berufsorientierung und bieten ihnen eine Gelegenheit, Einblick in aktuelle Forschungsprojekte und laufende Debatten zu nehmen.

Aktuelles:

Politische Bildung am Ort der Demokratiegeschichte

Gastvortrag von Dr. Kristian Buchna bot anschauliche Einblicke in die Arbeit der Stiftung Hambacher Schloss

Der 6. November 2024 war ein denkwürdiger Tag für die Demokratie: Kurz nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA wurde das Aus der Berliner Ampel-Koalition bekanntgegeben. Nicht erst seitdem wird deutlich, dass die Demokratie vor großen Herausforderungen steht, denen es sich anzunehmen gilt. Einen wichtigen Beitrag hierzu kann die politische Bildungsarbeit leisten, beispielsweise an außerschulischen Lernorten. Im Rahmen der Lecture Series zur angewandten Politikforschung hat Dr. Kristian Buchna am 25. November 2024 einen Vortrag zum Thema „Politische Bildung auf dem Hambacher Schloss – eine historische Stätte für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland und die europäische Zusammenarbeit“ ein.

Der promovierte Historiker war von 2013 bis 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Bundespräsdient-Theodor-Heuss-Haus. Heute verantwortet er die inhaltlich-konzeptionelle Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Hambacher Schloss. In seinem Vortrag vor Studierenden des Basisfachs Politikwissenschaft im Zwei-Fach-Bachelor und weiteren Interessierten gab Buchna einen Einblick in sein vielfältiges Tätigkeitsfeld.

Das Hambacher Schloss gilt als Wiege der deutschen Demokratie. Am 27. Mai 1832 versammelten sich hier bis zu 30 000 Menschen, um politische Grundrechte, nationale Einheit und europäische Solidarität einzufordern. Die 2002 als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründete Stiftung Hambacher Schloss verfolgt laut Buchna das Ziel, Demokratieerinnerung mit politischer Bildung zu verknüpfen. Sie möchte das Hambacher Schloss als zentrales deutsches Kulturdenkmal erhalten und seine Rolle in der Entwicklung der Demokratie und europäischen Zusammenarbeit weiterentwickeln.

In der Dauerausstellung liegt der Fokus deshalb sowohl auf der Darstellung der Geschichte als auch auf der Überführung von „Hambacher Themen“ wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Schwarz-Rot-Gold und Europa in die Gegenwart. Dies geschieht derzeit in einem eigenen Ausstellungsraum unter dem Motto „Farbe bekennen“. Angeboten wird zudem ein breites Spektrum an Veranstaltungsformaten, wie beispielsweise die in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz und dem Frank-Loeb-Institut der RPTU veranstalteten „Hambacher Gespräche“.

Dass mit seiner Arbeit auch zahlreiche Herausforderungen einhergehen, schilderte Buchna eindrücklich: Das Hambacher Schloss sei einer „der am meisten umkämpften Orte der Demokratiegeschichte in Deutschland“. Einerseits wird das Hambacher Schloss als Symbol für das Einstehen für Demokratie genutzt, andererseits versuchen antidemokratische Kräfte bewusst, das Schloss und seine Symbolik für eigene ideologische Zwecke politisch zu vereinnahmen, zu instrumentalisieren und umzudeuten.

Buchna betonte, dass die Stiftung Hambacher Schloss als öffentlich-rechtliche Stiftung Versammlungen zulassen müsse und die Grenzen der Freiheit in der BRD aus guten Gründen weit gefasst seien. Er warnte davor, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit exklusiv zu interpretieren und plädierte stattdessen für eine aktive und differenzierte Auseinandersetzung mit Bewegungen, in deren Mitte radikal antidemokratische Positionen vertreten und Symbole gezeigt werden. Zudem verwies er auf die Vielzahl zivilgesellschaftlicher Gegenbewegungen.  

In der anschließenden Diskussion mit den Studierenden wurde die Notwendigkeit betont, politische Bildung und Diskussionsräume stärker, auch finanziell, zu fördern, um der sinkenden Dialogbereitschaft entgegenzuwirken. Einig war man sich darüber, dass die Angebote am Hambacher Schloss weiterentwickelt und für ein jüngeres Publikum zugänglich gemacht werden sollten, indem man an dessen Lebenswelten anknüpft. Als mögliche Ansätze wurden innovative Formate wie Planspiele und digitale Angebote genannt, wobei die Frage aufgeworfen wurde, inwiefern diese der Komplexität der Themen gerecht werden können. Buchna betonte abschließend, dass historisch-politische Bildung nicht auf den schulischen Bereich beschränkt bleiben dürfe, sondern auch auf Polizei, Bundeswehr und sonstige Kontexte beruflicher Erwachsenenbildung ausgeweitet werden solle.