Lecture Series

Die von Prof. Dr. Manuela Glaab geleitete Arbeitseinheit „Politisches System der Bundesrepublik Deutschland“ misst dem Praxisbezug politikwissenschaftlicher Forschung einen hohen Stellenwert bei.  Ziel ist es daher, Forschungsthemen, Studieninhalte und Berufspraxis miteinander zu verknüpfen. Dazu werden regelmäßig externe ExpertInnen und Kooperationspartner zu Vorträgen und Gesprächsrunden nach Landau an die RPTU eingeladen, um den Dialog zu den Themenschwerpunkten der Arbeitseinheit zu führen.

Die im Wintersemester 2014/15 aufgenommene Lecture Series zu aktuellen Fragen der Politikforschung will diesem Ansatz am Institut für Sozialwissenschaften einen Rahmen geben. Im  Austausch mit Gästen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft soll der Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis ermöglicht werden. Die Veranstaltungen der Lecture Series geben den Studierenden Impulse zur Berufsorientierung und bieten ihnen eine Gelegenheit, Einblick in aktuelle Forschungsprojekte und laufende Debatten zu nehmen.

Aktuelles:

Berufsfeld Politikberatung – Fortsetzung der „Lecture Series Angewandte Politikforschung“ im Wintersemester 2024/25

Politikberatung ist eines der vielfältigen Berufsfelder für PolitikwissenschaftlerInnen. Am 9. Dezember 2024 folgte Arne Jungjohann – selbst Politikwissenschaftler und seit vielen Jahren als Politikberater  tätig  - der Einladung von Prof. Dr. Manuela Glaab, um mit Landauer Studierenden und DoktorandInnen über seine Erfahrungen zu sprechen.  

Jungjohann ist ein Grenzgänger zwischen Politik und Wissenschaft. Nach seinem Studium der Politikwissenschaft in Marburg und Berlin arbeitete er zunächst für den Bundestagsabgeordneten Reinhard Loske (Bündnis 90/Die Grünen). Anschließend war er Leiter des Programms Umwelt und Globaler Dialog bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington D.C. sowie Leiter des Referats für Grundsatzfragen im Staatsministerium Baden-Württemberg. Seit zehn Jahren ist Jungjohann als freier politischer Berater tätig und unterstützt u.a. Akteure der Klimabewegung dabei, ihre Expertise und Interessen in politischen Prozessen einzubringen.

Zu Beginn seines Vortrags „Regierungsforschung und Politikberatung im Kontext der Energie- und Verkehrswende“ gewährte Jungjohann praxisnahe Einblicke in seine Arbeit. Er berichtete von seinen Erfahrungen und seiner Öffentlichkeitsarbeit im transatlantischen Dialog zu Klimaschutz und Energiewende während der Amtszeit von Präsident Obama. Besonders nach dem Atomunfall in Fukushima und dem darauffolgenden deutschen Atomausstieg sei es wichtig gewesen, das Narrativ der German Energiewende aus deutscher Sicht zu vermitteln, da viele amerikanische Akteure diesen Schritt als irrational empfanden. Eine Besonderheit der deutschen Energiewende sei, dass sie seinerzeit stark durch Bürgerinitiativen, beispielsweise in Form von Energiegenossenschaften, vorangetrieben wurde.

Auch erläuterte Jungjohann einige zentrale Punkte seiner Studie Grün regieren. In dieser analysierte er, wie die Regierungsübernahme auf Landesebene die politische Praxis der Grünen veränderte. Die Studie zeichnet sich sowohl durch ihre politikwissenschaftliche als auch praktisch politische Relevanz aus, nicht zuletzt durch ihren methodischen Zugang zu den ProtagonistInnen grüner Politik. Jungjohann ging zudem auf die Bedeutung strategischer Steuerungsinstrumente als informelle Achsen des Koalitionsmanagements ein: Die „Dreier-Runde“, bestehend aus den Spitzen der Regierung, spielte auch in der Ampel-Koalition eine zentrale Rolle – obwohl Entscheidungen, die dort getroffen wurden, häufig keinen Bestand hatten. Der Koalitionsausschuss als Glied zwischen Regierung und Parteien sei in der Ampelkoalition mit ihren schwachen Regierungsparteien nicht so aufgesetzt worden, dass er für die notwendige Stabilität hätte sorgen können. Das Vorkabinett hingegen habe einen wichtigen Vertrauensraum dargestellt, in dem MinisterInnen miteinander sprechen und Konflikte austragen konnten.

In der abschließenden Diskussionsrunde wurden weitere Aspekte der Regierungspraxis der gerade gescheiterten Ampelkoalition erörtert. Nachfragen der Teilnehmenden bezogen sich zudem auf die Qualifikationsvoraussetzungen für PolitikberaterInnen. Jungjohann betonte, dass für eine erfolgreiche Politikberatung ein guter Zugang zu AkteurInnen und politikfeldspezifischen Netzwerken, gegenseitiges Vertrauen, politisches Urteilsvermögen sowie inhaltliche Expertise entscheidend seien.