Die deutschen Bundeskanzler: Regierungsführung - Machtverhältnisse - Europäisierung

Ziel des Publikationsprojektes (Reihe: UTB - Politikwissenschaft aktuell) ist es, eine klassische Forschungsfrage der Regierungslehre neu zu formulieren und in einem innovativen Lehrbuchkonzept, das sich an Studierende sozialwissenschaftlicher Bachelor- wie auch Masterstudiengängen richtet, neu zu deklinieren. Längerfristige Entwicklungen wie auch aktuelle Herausforderungen des Regierens in Deutschland bzw. im föderalen und europäischen Mehrebenensystem sollen darin aufgezeigt werden. Am Ende der Ära Merkel ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen: Was charakterisiert die Regierungsführung der deutschen Bundeskanzler im Allgemeinen und der Bundeskanzlerin im Besonderen? Welche Machtressourcen und –restriktionen bestimmen den Handlungskorridor im Machtdreieck von Regierung, Partei(en) und Fraktion(en)? Und inwiefern profitiert die Exekutive mit dem Bundeskanzler an der Spitze von Tendenzen der Machtzentralisierung?

Regierungskommunikation, Politikmanagement und Politikvermittlung

Politik bedarf in der Demokratie der Zustimmung der Bürger*innen und ist daher stets begründungspflichtig. Kommunikation zählt in modernen Demokratien somit zu den Kernkompetenzen politischer Akteure – auch aufgrund der gewachsenen Bedeutung der Medien in allen Bereichen. Für Regierungen stellen Informations-, Darstellungs- und Vermittlungsleistungen somit einen Schlüsselfaktor im Politikmanagement dar. In Krisenzeiten wächst zudem die Bedeutung von Krisenkommunikation. Die Arbeitseinheit beschäftigt sich daher regelmäßig mit grundlegenden Fragen des Verhältnisses von Politik, Medien und Öffentlichkeit sowie spezifischen Aspekten der Kommunikations-, Kampagnen- und Strategieforschung.

Das Forschungsinteresse richtet sich in diesem Zusammenhang u.a. auf die kontextspezifischen Anforderungen und Handlungslogiken von Routinepolitik versus Krisenpolitik. Anlass dazu bietet die Covid19-Pandemie, die Merkmale einer akuten „transboundary crisis“ (Boin et al. 2017) aufweist, die Ressourcen des Entscheidungssystems in hohem Maße beansprucht und die öffentliche Debatte beherrscht. Politikmanagement und Krisenkommunikation werden in laufenden Forschungsarbeiten analysiert, die sich exemplarisch mit der Performanz bestimmter Landesregierungen oder auch den Auswirkungen der Corona-Politik auf Bereiche der Schul- und Bildungspolitik auseinandersetzen.

Politik und Regieren in Bund, Ländern und Europa

Politikfeldanalysen leisten einen substanziellen Beitrag zum Verständnis politischer Prozesse im Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Neben der Bundesebene findet in den letzten Jahren verstärkt auch die Landesebene Beachtung in der vergleichenden Policyforschung. Insbesondere die Frage nach der Varianz, aber auch der Konvergenz in den Policies der Länder steht im Zentrum der wissenschaftlichen Debatte. Hierbei wird an der Schnittstellte zwischen Föderalismusforschung und Politikfeldanalyse unter anderem untersucht, welche Handlungsspielräume Länderregierungen haben, wie sie diese zur Verfolgung unterschiedlicher Policies nutzen und welche Faktoren dies erklären können.

In diesem Kontext ist ein laufendes Dissertationsprojekt zur Gründungspolitik im deutschen Bundesländervergleich angesiedelt. Gründungspolitik liegt in der genuinen Kompetenz der Bundesländer zur regionalen Wirtschaftsförderung. In der Forschungsarbeit wird ein für die Länderebene noch wenig behandeltes Policythema mit Fokus auf den Bereich der Förderung von Unternehmensgründungen erforscht. Ziel der Studie ist es zum einen, einen systematischen Überblick über die Förderstrukturen der Bundesländer zu liefern und zum anderen, Faktoren für die Varianz in der Policyausrichtung der Bundesländer zu identifizieren.

Bundes- wie Landespolitik ist stets eingebettet in die Strukturen und Prozesse des europäischen Mehrebenensystems. Die Arbeitseinheit widmet sich hier verschiedenen Policies, vor allem aber dem Komplex der EU-Handelspolitik, mit der sich ein weiteres laufendes Dissertationsprojekt  befasst.  

Ein weiteres Dissertationsprojekt setzt sich mit kommunaler Verkehrspolitik in Deutschland auseinander. Zentral ist hierbei die empirische Erforschung der Frage, wie lokale Verkehrspolitik in unterschiedlichen Regionen im Mehrebenensystem gestaltet wird. Das Forschungsinteresse richtet sich dabei vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen insbesondere auf Faktoren, die einen Policy-Wandel bzw. eine Policy-Kontinuität erklären können.

 

Ausgewählte Aktuelle Publikationen:

Glaab, Manuela (2022): Ein Hanseat im Kanzleramt. Olaf Scholz im stilbildenden ersten Regierungsjahr. In: Politikum 8 (4), S. 12-20. (Link zum Beitrag/Wochenschau Verlag)

Marsilia, Marco; Zeller, Andrea (2022): Demokratie-Lernen im Grundschulalltag vor und während der Covid-19-Pandemie. In: Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. (NDV) 2/2022, 53-59.

Glaab, Manuela (2022): Person, Führung und Stil: Konzeptionelle Debatten in der Regierungsforschung. In: Fröhlich, Manuel (Hg.): Persönlichkeit und Politik. Zugänge und Fallstudien zur individuellen Dimension des Politischen, Baden-Baden: Nomos (Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft Band 37).

Glaab, Manuela; Schöne, Helmar Schöne (2022): Der Wahlrechtsstreit – Die Komplementärkoalition an den Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit. Koalitionsmanagement in der grün-schwarzen Koalition. In: Hörisch, Felix/Wurster, Stefan (Hg.): Kiwi im Südwesten - Eine Bilanz der zweiten Landesregierung Kretschmann, 2016 – 2021. Wiesbaden: Springer VS.

Glaab, Manuela (2020): Vom Regierungs- zum Machtwechsel in Rheinland-Pfalz – die Jahre 1987/88 bis 1991. In: Glaab, Manuela et al. (Hg.): 70 Jahre Rheinland-Pfalz, Historische Perspektiven und politikwissenschaftliche Analyse. Wiesbaden: Springer VS, S. 149-191.

Zeller, Andrea (2019): Menschenrechte in der Weltwirtschaft – Idealbild und Realität. In: Bluhm, Lothar/Ferrari Schiefer, Markus/Sesselmeier, Werner (Hrsg.): „Bist du ein Mensch, so fühle meine Not." Menschenrechte in kultur- und sozialwissenschaftli-cher Perspektive. Baden-Baden: Tectum, S. 251-279.

Glaab, Manuela (2017): Politische Führung und Koalitionsmanagement Angela Merkels – eine Zwischenbilanz zu den Regierungen Merkel I, II und III. In: Philipp Gassert & Hans Jörg Hennecke (Hg.): Koalitionen in der Bundesrepublik Deutschland. Bildung, Management und Krisen von Adenauer bis Merkel. Paderborn: Ferdinand Schöningh, S. 247-286.