Hambacher Gespräche 2024: Vertrauenssache Demokratie

75 Jahre Grundgesetz – Vertrauen in die Verfassung

Seit 75 Jahren ist die Bundesrepublik eine stabile Demokratie. Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft und gilt seither als Garant für Demokratie und Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit und Föderalismus in Deutschland. Allerdings haben sich sowohl unsere Gesellschaft und ihr Demokratieverständnis als auch die Herausforderungen gewandelt, denen sich das Grundgesetz ausgesetzt sieht.

Der 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes bietet daher Anlass für eine Diskussion darüber, wie belastbar das Vertrauen der Deutschen in das Grundgesetz und die Verfassungsorgane ist. Müssen die Verfassungsprinzipien in Zukunft aktiver gegen extremistische Anfeindungen verteidigt werden? Braucht es gerade in Zeiten verstärkter Anfechtungen einen neuen Verfassungspatriotismus? Sind Verfassungsreformen notwendig, um das Vertrauen in die Entwicklungsfähigkeit und Gestaltungskraft unserer Demokratie zu stärken?

Unsere Gäste:

Michael Ebling (*1967): seit Oktober 2022 Staatsminister im Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz, zuvor zehn Jahre lang Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz.

Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio (*1954): Professor für Öffentliches Recht an der Universität Bonn und Gründungsdirektor des dortigen Forschungskollegs normative Gesellschaftsgrundlagen; von 1999 bis 2011 Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe (Zweiter Senat).

 

Einführung und Moderation: Prof. Dr. Manuela Glaab (Frank-Loeb-Institut an der RPTU Kaiserslautern-Landau) und Dr. Kristian Buchna (Stiftung Hambacher Schloss)

Eine Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, des Frank-Loeb-Instituts an der RPTU Kaiserslautern-Landau und der Stiftung Hambacher Schloss.

Gute Demokratie, schlechte Politik? – Vertrauen in das politische Personal

Die Unterstützung für die Demokratie als Regierungsform ist in Deutschland relativ stabil. In bedenklichem Sinkflug befindet sich jedoch das Vertrauen in die politischen Institutionen und noch stärker in das politische Personal. Das gesellschaftliche Ansehen von Politikerinnen und Politikern sowie das in sie gesetzte Vertrauen befinden sich auf einem historischen Tiefstand. Zudem werden politisch Aktive immer häufiger zum Ziel von Übergriffen.

Wo liegen die Gründe für den Vertrauensverlust? Inwieweit beeinflusst die mediale Berichterstattung unser Politikerbild? Welchen Anteil hat der Aufstieg des politischen Populismus an einem Klima des Misstrauens gegenüber „der“ Politik? Und ist demokratische Politik ohne ein Grundvertrauen in das politische Personal überhaupt möglich?

Unsere Gäste:

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte: seit 2002 Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen und seit 2006 Direktor der NRW School of Governance; zuletzt erschien von ihm das Buch „Wählermärkte – Wahlverhalten und Regierungspolitik in der Berliner Republik“

Franziska Brandmann: seit 2021 Bundesvorsitzende der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale; Unternehmerin; promoviert in Oxford über wehrhafte Demokratie

 

Einführung und Moderation: Prof. Dr. Manuela Glaab (Frank-Loeb-Institut an der RPTU Kaiserslautern-Landau) und Dr. Kristian Buchna (Stiftung Hambacher Schloss)

Eine Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz, des Frank-Loeb-Instituts an der RPTU Kaiserslautern-Landau und der Stiftung Hambacher Schloss.


 

Mehr Bürgerbeteiligung wagen? – Vertrauen in die Bevölkerung

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes. Bislang geschieht das vor allem durch die Wahl von Parlamenten. Immer lauter wird jedoch die Forderung, den Souverän stärker an politischen Entscheidungen zu beteiligen. Dies kann entweder direkt geschehen, etwa durch Volksabstimmungen – oder indirekt, durch Bürgerräte und andere innovative Formen der Partizipation. Eine umfassendere Bürgerbeteiligung setzt einen Vertrauensvorschuss in mündige Bürgerinnen und Bürger voraus.

Doch sind alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen in der Lage, ihre Alltagsexpertise einzubringen, Mehrheiten zu finden und dabei auch die Belange von Minderheiten angemessen zu berücksichtigen? Und wie viele Bürgerinnen und Bürger sind überhaupt bereit, sich regelmäßig politisch zu engagieren?

Unsere Gäste:

Ralf-Uwe Beck: Theologe, Bürgerrechtler und Autor; Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie e. V.; zuvor zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Prof. Dr. Angelika Vetter: Politikwissenschaftlerin an der Universität Stuttgart.

 

Begrüßung: Dr. Kristian Buchna (Stiftung Hambacher Schloss)

Moderation: Prof. Dr. Manuela Glaab (Frank-Loeb-Institut an der RPTU Kaiserslautern-Landau)

Marktkräfte, Bürokratie und sozialer Verantwortung. Vertrauen in die Wirtschaft

Vertrauen in die politischen Institutionen allein ist in einer Demokratie nicht ausreichend. Auch ein gewisses Vertrauen in die Wirtschaft ist notwendig: Materielle Sorgen und Existenzängste treiben Menschen dem Populismus zu. Vertrauen in die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes kann dem entgegenwirken. Hingegen sinkt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Demokratie, wenn Unternehmen das in sie gesetzte Vertrauen enttäuschen oder wenn der Staat nicht in der Lage ist, attraktive Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen zu schaffen.

Muss die Politik der deutschen Wirtschaft mehr zutrauen, um sich freier und innovativer entfalten zu können? Oder schadet ein zu großes Vertrauen in die Wirtschaft der Demokratie, etwa wenn freiwillige Selbstverpflichtungen scheitern oder ungehemmte Lobbyismus zu viel Einfluss gewinnt? Und gelten die Vorzeichen der Sozialen Marktwirtschaft – einst Grundpfeiler der deutschen Demokratie – auch in Zeiten der globalisierten und digitalisierten Ökonomie noch?

Über diese Fragen diskutierten wir mit unseren Podiumsgästen:

Prof. Dr. Aysel Yollu-Tok: Professorin für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Sozial- und Wirtschaftspolitik, an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin; Direktorin des Harriet Taylor Mill‐Instituts für Ökonomie und Geschlechterforschung

Peter Altmaier: 2018 – 2021 Bundesminister für Wirtschaft und Energie; zuvor Chef des Bundeskanzleramtes; Mitglied der CDU Saar

Beide Podiumsgäste erinnerten daran, dass die bundesdeutsche Demokratie in einem Klima der wirtschaftlichen Stärke und des Vertrauens in die deutsche Wirtschaft groß geworden sei. Prof. Yollu-Tok legte dar, dass ein starker Sozialstaat und eine leistungsfähige freie Wirtschaft Hand in Hand gehen würden. Nur wenn der Staat wirtschaftliche Härten abfedert, würden Menschen in das Marktprinzip vertrauen. So hätten die Hartz-Reformen beispielsweise den Glauben an die Solidarität erschüttert, was nun zu den weit verbreiteten ökonomischen Ängsten in der Bevölkerung beitrage. Peter Altmaier betonte stattdessen, dass der Sozialstaat zwar wichtig sei, aber nicht alle sozialpolitischen Leistungen bezahlt werden könnten. Wichtiger für das Vertrauen in die Wirtschaft seien das individuelle Leistungsprinzip und eine solide Wirtschaftspolitik. Nur wenn sich die demokratischen Parteien auf Kompromisse in der Wirtschaftspolitik einigen und diese langfristig über mehrere Legislaturen hindurch umsetzen würden, sei ein stabiles Vertrauen in die wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit des Staates wieder herzustellen.

 

Einführung: Dr. Kristian Buchna (Stiftung Hambacher Schloss)

Moderation: Dr. Hans-Ludwig Buchholz (Frank-Loeb-Institut an der RPTU Kaiserslautern-Landau)