“Macht(-)Worte! Politische Kommunikation und Demokratie 2025”
Tagung des Fachbereichs Kultur- und Sozialwissenschaften der RPTU

Über die Tagung:
Die Tagung richtet sich an Studierende, Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte außerschulischer Einrichtungen der politischen Bildung sowie Wissenschaftler:innen. Vorträge und Kurzworkshops bieten ein interdisziplinäres Programm, um das eigene Urteil zu schärfen und einen kritischen Blick auf den Sprach- und Bildgebrauch im politischen Handeln und der Kommunikation in Vergangenheit und Gegenwart zu werfen.
Als Referent:innen konnten wir Mitarbeitende der Kultur- und Sozialwissenschaften der RPTU sowie externe Expert:innen gewinnen.
Die Tagung findet am 6. und 7. November 2025 im Konferenzraum (C1) der RPTU in Landau statt.
Tagungs-Flyer zum Download
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Übersicht der Referentinnen & Referenten:
Dr. Nicola Wenge, DZOK Ulm
Dr. Anne Diehr, Institut für Germanistik, RPTU in Landau
Dr. Johannes Artz, Fachgebiet Politikwissenschaft, RPTU in Kaiserslautern
Prof. Dr. Frank Polzenhagen, Institut für Anglistik, RPTU in Landau
Prof. Dr. Thomas Niehr, RWTH Aachen
Ronny Hollstein, Pädagogisches Landesinstitut RLP
Dr. Manuel Theophil, Projekt Menschenrechtsbildung, RPTU in Landau
Dr. Maria Männing, Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst, RPTU in Landau
Dr. Andreas Osterroth, Institut für Germanistik, RPTU in Landau
Prof. Dr. Marc Fritzsche, Institut für Kunstwissenschaft und Bildende Kunst, RPTU in Landau
Dr. Michael Bahn, Institut für Germanistik, RPTU in Landau
Martina Ruppert-Kelly, Pädagogischer Dienst der Gedenkstätte KZ Osthofen
Dr. Tobias Markowitsch, Bismarck Gymnasium Karlsruhe
Dr. Kathrin Heintz, Institut für Germanistik, RPTU in Landau
Für Lehrkräfte in Rheinland-Pfalz:
Die Tagung wurde gem. Nr. 5.4 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Bildung vom 14.07.2020 als dienstlichen Interessen dienend anerkannt.
Fortbildungsnummer des Pädagogischen Landesinstituts: 25ST032002
Alle Vorträge der Tagung
Dr. Nicola Wenge: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen.“ Zum Umgang mit demokratie- und menschenverachtender Sprache in Geschichte und Gegenwart“ Einführung in ein historisch-politisches Demokratiebildungsprojekt aus Gedenkstättenperspektive
Die Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“ präsentiert acht Schlüsselbegriffe menschenverachtender und demokratiefeindlicher Sprache in Geschichte und Gegenwart. Sie wurde 2018 vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg mit begleitenden didaktischen Angeboten entwickelt. Sie ist seitdem in der KZ-Gedenkstätte und in zwei Verleihexemplaren zu sehen und hat auf diesem Weg mehrere hunderttausend Menschen erreicht. Grundlegendes Ziel ist es, Menschen zu befähigen, demokratie- und menschenverachtende Sprache zu erkennen, inhaltliche Gegenargumente zu entwickeln und konstruktive Interventionsmöglichkeiten zu diskutieren. Im Vortrag stellt die Kuratorin und Historikerin Dr. Nicola Wenge konzeptionelle Grundsätze sowie zentrale Ausstellungsmaterialien und- inhalte vor. Sie geht zudem auf Praxiserfahrungen ein und gibt einen Ausblick zur Weiterentwicklung der Arbeit.
Lit.:Nathalie Geyer/Mareike Wacha: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“: Zum Umgang mit demokratiefeindlicher und menschenverachtender Sprache.
Herausgegeben vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm, Ulm 2020, 81 S., Schutzgebühr: 5,00 €, 2. aktualisierte Auflage in Drucklegung.
Dr. Anne Diehr: “Die Schuld der Wörter? Das Wörterbuch des Unmenschen und politischer Sprachgebrauch aus der Perspektive der Sprachkritik.”
Der Vortrag widmet sich der sprachkritischen Analyse politischen Sprachgebrauchs mit einem besonderen Fokus auf die Zeit des Nationalsozialismus. Im Zentrum steht das Wörterbuch des Unmenschen (1962 [1945]), herausgegeben von Dolf Sternberger, Gerhard Storz und Wilhelm Emanuel Süskind, das exemplarisch Aspekte einer Auseinandersetzung mit ideologisch geprägtem Wortgebrauch beleuchtet. Diese in der linguistischen Debatte teils kontrovers diskutierte Publikation bietet einen produktiven Zugang zu lexikalischen Phänomenen politischer Sprache und ermöglicht Reflexionen über den Zusammenhang von Sprachgebrauch und gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Diese Aspekte lassen sich darüber hinaus auch auf gegenwärtige politische Diskurse in demokratischen Gesellschaften übertragen und verbinden politolinguistische mit sprachkritischen Erkenntnisinteressen. Der Vortrag versteht sich daher zugleich als Plädoyer für eine empirisch und theoretisch fundierte Sprachkritik im Umgang mit aktuellem politischen Sprachhandeln. Zudem wird für eine deskriptive Erfassung semantischer Konzepte und ihrer Kontexte plädiert, um Bedeutungsperspektivierungen durch Sprecher*innen aufzuzeigen und vor dem Hintergrund von möglichen linguistisch begründeten Bewertungsmaßstäben kritisch reflektieren zu können.
Dr. Johannes Artz: “Macht der Worte: Sprachliche Feindbilder in der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland”
Im politischen Wettbewerb spielt Sprache eine zentrale Rolle. Welche Parallelen lassen sich in der Sprachverwendung und der Konstruktion von Feindbildern in der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere in Krisenzeiten, erkennen? In beiden Demokratien bedienten sich sowohl politische Parteien als auch Teile der Gesellschaft einer Rhetorik, die mithilfe von Begriffen wie Volk oder Heimat bestimmte Gruppen ein- oder ausschloss. Die entscheidende Frage lautet: Was können wir aus der Zeit der Weimarer Republik lernen – sowohl im Hinblick auf das politische System als auch auf das gesellschaftliche Zusammenleben?
Prof. Dr. Frank Polzenhagen: “sondern, aber, statt, wieder: Syntaktische Konstruktionen zur Gegensatzkonstruktion in Wahlprogrammen 2025”
Zur Propagierung zentraler programmatischer Ziele und Schwerpunkte steht den Parteien im Wahlkampf generell und, hier betrachtet, in der Textsorte Wahlprogramme im Besonderen eine Reihe syntaktischer Konstruktionen zur Verfügung, die jeweils distinkte Perspektivierungen versprachlichen. Schlichte <für x>-, <ja zu x>- oder <wir wollen x>-Konstruktionen z.B. präsentieren die jeweilige Zielsetzung, ohne explizite Nennung der (unterstellten oder vermeintlichen) Gegenposition politischer Konkurrenten zu erfordern. Konstruktionen wie <gegen x> ermöglichen andererseits Ablehnung von Positionen, ohne eine eigene Alternative explizit machen zu müssen. Komplexer, und in dieser Studie primär betrachtet, sind syntaktische Rahmungen (im relevanten Kontext sogenanntes „Framing“), die Positionen bzw. Bedenken explizit mit Blick auf (ggf. unterstellte oder vermeintliche) Gegenpositionen verbalisieren. Zu syntaktischen Mitteln hierfür zählen u.a. <nicht x, sondern y>-, <(nicht) x, aber (nicht) y>- und <y statt x>-Konstruktionen, die jeweils sehr spezifische Profile der Gegensatz- und Kontrastkonstruktion ermöglichen. Kontrastiv angelegt ist auch die <wieder x>-Konstruktion, die allerdings nicht Gegenpositionen, sondern einen als gesetzt vorgegebenen Zustand in der Vergangenheit als Bezugspunkt nimmt (z.B. „Arbeit muss sich wieder lohnen“).
Anhand einer kleinen korpuslinguistischen Fallstudie zu den Wahlprogrammen zentraler Parteien im Bundestagswahlkampf 2025 werden die in Teilen dahingehend sehr unterschiedlichen Kommunikationsstrategien der Parteien verdeutlicht. Das resultierende Bild ist in dieser Hinsicht, grob gefasst, das folgende: Mit Blick auf die reinen Vorkommenszahlen der betrachteten Konstruktionen sahen wir in diesem Wahlkampf z.B. ausgeprägte <ja zu>- und <wieder>-Parteien ebenso wie <x statt y>-, <wir wollen>- und <(nicht) x, aber (nicht) y>-Parteien, in jeweils distinkten Kombinationen. Die Wahlprogramme unterscheiden sich ebenfalls markant in der jeweiligen Nutzung dieser Konstruktionen für bestimmte Textkomponenten, etwa als Kurzformeln in Überschriften oder Aufzählungen. Die Befunde laden ein zu Interpretationen des grundsätzlichen „political mindset“ und der „Vermarktungsstrategie“ der betreffenden Parteien. Für den Vortrag beschränkt sich das abgedeckte Spektrum auf die Parteien, die tatsächlich in den Bundestag einzogen oder die dies knapp verfehlten. Weitgehend ausgeblendet bleiben in der Fallstudie alternative syntaktische Konstruktionen etwa mit den Trägerelementen <hingegen>, <jedoch> und <vielmehr>, sowie diskursiv komplexere Formen der Kontrastierung.
Thomas Niehr: “Öffentlicher Sprachgebrauch zwischen Meinungsfreiheit und Cancel Culture”
In dem Vortrag sollen widersprüchliche Einschätzungen zur öffentlichen Kommunikation in Deutschland auf ihre Plausibilität geprüft werden: Einerseits behaupten bestimmte Akteure, dass man in Deutschland seine Meinung nicht frei äußern dürfe, ohne befürchten zu müssen, aus dem Diskurs ausgeschlossen zu werden. Es herrsche eine Cancel Culture, die unliebsame Meinungen gnadenlos aus dem Diskurs verbanne. Andererseits hören wir Klagen über die Verrohung des Diskurses. Diese Verrohung äußere sich auch darin, dass die Grenzen des Sagbaren immer weiter verschoben und letztlich aufgehoben würden.
Vor diesem Hintergrund soll der Frage nachgegangen werden, wie es um die öffentliche Kommunikation in Deutschland bestellt ist: Was bedeutet Meinungsäußerungsfreiheit und inwiefern ist sie tatsächlich bedroht? Wie lassen sich die Grenzen des Sagbaren bestimmen und wer hat die Macht, sie zu verschieben?
Ronny Hollstein: “Der Beutelsbacher Konsens - eine Verpflichtung zur Neutralität?”
In dem Vortrag soll der Beutelsbacher Konsens als Grundlage für die Politische Bildung bzw. die Demokratiebildung kurz vorgestellt werden. Seine Schwerpunkte skizzieren dabei Möglichkeiten für eine Aufklärung und Sensibilisierungen im Kontext politischer, soziologischer sowie wirtschaftlicher Inhalte, welche mit den verschiedenen demokratischen Haltungen kombinierbar sind. Besteht dahingehend eine Verpflichtung zur unbedingten Neutralität der Lehrenden? Und wie verhält es sich mit einzelnen Kontroversen? Diese und andere Fragen sollen dabei beantwortet und in die pädagogisch / politische Arbeit integriert werden.
Dr. Manuel Theophil: “Übers Beutemachen an unruhig gewordenen Menschen – Ernst Blochs Begriff der Ungleichzeitigkeit in Vergangenheit und Gegenwart”
Im Vortrag wird es um eine Auseinandersetzung mit einem der Zentralbegriffe von Ernst Blochs Faschismusanalysen gehen – dem der Ungleichzeitigkeit; dies insbesondere unter der Perspektive, inwieweit dem Begriff analytisches Potential auch für gegenwärtige Entwicklungen, in Hinsicht auf das Erstarken der Neuen Rechten zukommt. In einem kulturhistorischen Zugriff hat Bloch auch Geschichts- und Sprachverdrehungen ausführlich thematisiert (etwa die Besetzung von Wörtern wie „Volk“, „Drittes Reich“, „Tausendjähriges Reich“ etc. durch die Nationalsozialisten) – stets in der Überzeugung, dass sich aus irrationalen Zurichtungen und Verkehrungen ein rationaler Kern herausschälen ließe. Auch diese Annahme soll im Vortrag hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit auf die Gegenwart untersucht werden.
Dr. Maria Männig: “Völkische Argumentationsfiguren: Von der Kulturkritik zur Kulturpolitik – Politische Repräsentationsarchitektur in der Trump-Ära”
Der Vortrag skizziert völkische Argumentationsfiguren ausgehend vom kulturkritischen Diskurs des 19. Jahrhunderts über seine Karriere in der Zwischenkriegszeit und seine politisch-ideologische Instrumentalisierung im Nationalsozialismus bis in die Gegenwart. Im Fokus stehen Begrifflichkeiten, die bis heute in Debatten mobilisiert werden, um kulturpolitische Vorstellungen zu kommunizieren und gesellschaftliche Spaltungen rhetorisch zu befeuern. Solche Begriffe wirken nicht nur in rechtspopulistischen Milieus fort, sondern manifestieren sich auch in konkreten kulturpolitischen Maßnahmen – wie aktuell in den USA während der ersten und zweiten Amtszeit von Donald Trump zu beobachten ist. Neben Eingriffen in die Autonomie von Institutionen und umfassenden Budgetkürzungen zeigt sich dies exemplarisch an gestalterischen Vorgaben, insbesondere im Bereich der Architektur. Im Zentrum der Analyse steht die Executive Order „Promoting Beautiful Federal Civic Architecture“ (2020, aktualisiert durch ein Memorandum im Januar 2025), deren architekturpolitische Implikationen veranschaulichen, wie sich ein spezifischer ästhetischer Diskurs – entlang einer Eigenschafts-Trias des „traditional“, „regional“ und „classical“ – räumlich und visuell artikuliert. Als Handlungsanweisung konzipiert, fordert die Order eine bestimmte architektonische Semantik – materiell durch die Präferenz und Abwehr bestimmter Baustoffe, formal durch den Rückgriff auf klassizistische Gestaltungsprinzipien, wie sie in der öffentlichen Repräsentationsarchitektur des 20. Jahrhunderts vielfach politisch aufgeladen und ideologisch funktionalisiert wurden. Der Vortrag dekonstruiert die ideologischen Wurzeln von Trumps Architekturästhetik und ordnet sie historisch ein, um ihre Voraussetzungen und kulturellen Anschlussstellen offenzulegen.
Dr. Andreas Osterroth: “«Deutschland den Deutschen, [A]usländer raus» - Formen und Funktionen radikaler Meme-Kommunikation auf TikTok”
In dem Vortrag wird analysiert, wie TikTok als Plattform gezielt für die Verbreitung radikaler und dehumanisierender Narrative genutzt wird. Grundlage des Beitrags ist eine systematische Analyse von 250 TikToks, die nach formalen (visuelle, auditive und strukturelle Merkmale) sowie funktionalen Gesichtspunkten (kommunikative Funktion nach Searle) untersucht wurden.
Der Vortrag beleuchtet zentrale Themenfelder wie Rassismus, Antisemitismus, Transphobie und Nationalismus und geht der Frage nach, wie emotionale Vermittlungsstrategien – etwa durch Humor, Musik und visuelle Stilisierung – zur Normalisierung extremistischer Inhalte beitragen.
Ziel ist es, Mechanismen sichtbar zu machen, durch die sich menschenfeindliche Diskurse in digitalen Öffentlichkeiten etablieren und verbreiten können.
Prof. Dr. Marc Fritzsche: “KI Macht Bilder”
Bilder sind allgegenwärtig und oft wirkmächtiger als Worte. Was geschieht, wenn bildgenerierende ‚Künstliche Intelligenz‘ menschenfeindliche und demokratieverachtende Begriffe visualisiert? Zusammen mit Landauer Studierenden der Kunstpädagogik habe ich untersucht, welche Bilder entstehen, wenn die acht Begriffe der Ausstellung „Man wird ja wohl noch sagen dürfen“ maschinell illustriert werden. Die bisweilen überraschenden Ergebnisse ermöglichen u. a. Rückschlüsse auf Trainingsdaten, Unzulänglichkeiten und ‚Haltungen‘ der verwendeten KIs. Dem folgen Überlegungen dazu, wie wir zukünftig rezipierend und produzierend mit bildgenerierenden Algorithmen umgehen sollten.
Alle Workshops der Tagung
Dr. Michael Bahn: “Macht Worte! – Ein akustisches Plädoyer für die Demokratie”
Der Workshop lädt alle interessierten Menschen ein, sich darüber Gedanken zu machen, was einem selbst das Leben in einer Demokratie bedeutet. Was würde sich für Sie ganz persönlich verändern, wenn Sie plötzlich in einer Autokratie leben müssten? Würde sich für Sie überhaupt etwas ändern? Worauf könnten Sie verzichten – oder eben gerade nicht? Die Antworten auf diese Fragen werden in kurzen Audiostatements aufgezeichnet und veröffentlicht. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit Studierenden des Kurses Die Theatrale Landau. Hörspielproduktion. Wir würden uns freuen, wenn wir die Aufnahmen außerdem in unsere aktuelle Hörspielproduktion einbinden dürften.
Martina Ruppert-Kelly: “Tabubrüche als Herausforderung in der Gedenkarbeit”
2025 machte eine Schule Schlagzeilen, weil die Abiturient:innen als Abi-Motto „NSDABI - Verbrennt den Duden“ vorgeschlagen hatten, Memes mit NS-Bezug kursieren in Klassen-Chats und Whats-App-Gruppen: In den letzten Monaten werden auch wir in der Gedenkarbeit verstärkt mit solchen Tabubrüchen konfrontiert.
Was sind solche Tabubrüche und wie kann man damit umgehen? Die Teilnehmenden analysieren verschiedene Beispiele, überlegen, wo - auch ihre persönlichen - rote Linien und Grenzen verlaufen und entwickeln und diskutieren gemeinsam Strategien, damit umzugehen und dagegen zu halten.
Dr. Tobias Markowitsch: “Die Sprache in NS-Sondergerichtsurteilen und -prozessen und der Ausdruck von Macht durch Worte”
Ein kritisches Wort über ein Regierungsmitglied, ein Lebenswandel, der nicht den Erwartungen gesellschaftlicher Mehrheiten oder der Machthaber:innen entspricht, ein politischer Witz, unbedacht in Gegenwart Fremder erzählt:
Zur Zeit der NS-Diktatur konnte solches Verhalten zu einem Strafverfahren vor einem Sondergericht führen, einer ab 1933 mit zunehmenden Befugnissen ausgestatteten Institution, die unter Aushöhlung rechtsstaatlicher Grundsätze zur Durchsetzung und Festigung der Herrschaft der NSDAP maßgeblich beitrug.
In dem Workshop wird anhand von Originalprozessakten aus dem Bestand 507 Sondergericht Mannheim aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe aufgezeigt, wie die Nationalsozialisten in den Jahren 1933-1945 ihre menschenverachtende Ideologie in Gesetzestexte umwandelten, die zur Grundlage einer Scheinlegalität und zur konkreten Ausgrenzung von Menschen und zur Verfolgung und Verurteilung von Minderheiten führten.
Der Workshop ist Teil des Projekts Denunziation – Repression – Verfolgung: Politischer Dissens und Alltagskriminalität vor den NS-Sondergerichten 1933-1945 (www.sondergericht-mannheim.de)
Dr. Kathrin Heintz: “Irmgard Keun, Ernst Toller und die Macht von Worten und Redeverboten”
Die Werke von Ernst Toller und Irmgard Keun erfreuten sich in der Weimarer Republik großer Popularität. Da beide Autor:innen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden und ihre Texte nicht mehr gelesen werden durften, gerieten sie jedoch weitgehend in Vergessenheit. Die Macht von Worten äußert sich hier als externer Faktor, genauer in Form von Publikationsverboten, die den literarischen Texten die Möglichkeit nehmen, Resonanz zu erzeugen, und bis heute nachwirken.
Für den Workshop, der auf einem literaturdidaktischen Seminar für den Master im Lehramt basiert, wurden die folgenden beiden Werken ausgewählt: der Roman Das Mädchen, mit dem die anderen Kinder nicht verkehren durften (OA 1936) von Irmgard Keun sowie Ernst Tollers Drama Hinkemann (UA 1923). Anhand exemplarischer Passagen arbeiten wir heraus, wie Keun und Toller vorführen, welche Macht Worte im täglichen Miteinander haben können und welch dramatische Konsequenzen es hat, wenn (implizite oder explizite) Redeverbote vorherrschen und Kommunikation misslingt. Im Rahmen der gemeinsamen Arbeit blicken wir nicht nur auf die Texte, die für den Deutschunterricht zu empfehlen sind, sondern befassen uns zumindest kurz auch mit Methoden, die sich zur Erschließung anbieten.
Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, der Workshop ist für alle Interessierten geöffnet. Besonders ertragreich ist er jedoch für Diejenigen, die das Fach Deutsch unterrichten (werden) oder den Schwerpunkt Menschenrechtsbildung gewählt haben.