Studentische Poster
im Rahmen der Ausstellung “«Man wird ja wohl noch sagen dürfen…» Zum Umgang mit menschenverachtender und demokratiefeindlicher Sprache"
Erläuterungen zu den studentischen Postern
Liebe Leser:innen,
wir möchten Ihnen einige wenige Hinweise und/oder Anregungen zu den genannten Postern geben, die im Sommersemester 2025 im Fachbereich Kultur- und Sozialwissenschaften in der Vorbereitung auf die Tagung und Ausstellung zum Thema „Macht(-)Worte! Politische Kommunikation und Demokratie 2025“ entstanden sind.
Wie Sie aus dem jeweiligen ‚Impressum‘ unten auf den Postern sehen können, sind diese Arbeiten Ergebnisse des Teamworks zwischen Studierenden und Dozierenden. Sie haben Werkstattcharakter, sind also Entwürfe, die man noch verfeinern kann, und wollen zum Nachdenken, zu Diskussionen und idealerweise zu einem weiteren Engagement für eine demokratische Gesellschaftsordnung ermuntern.
Diese Reihe lässt sich sicher noch erweitern. Sollten Sie also eigene Ideen haben, die Sie mit Ihrer Schulklasse entwickeln und beisteuern wollen, nehmen Sie gern Verbindung mit uns auf (ksw-macht-worte(at)rptu.de )!
Viele Freude bei der Arbeit wünschen
Dr. Anne Diehr & Prof. Dr. Matthias Bahr
„Asylparadies“
Das Poster
Das Poster greift mit Metaphorik ein spezifisches Phänomen des Sprachgebrauchs auf, das auch für die Auseinandersetzung mit politischer Sprache eine große Bedeutung besitzt. Die Metapher „Asylparadies“ ist ein Beispiel, das vor allem von rechtspopulistischen Akteur*innen im Migrationskontext genutzt wird, um Fragen der sozialen Absicherung von Asylbewerber*innen im Aufnahmeland Deutschland aufzugreifen. Wichtig ist hierbei die mit der Metapher einhergehende Bedeutungsperspektivierung, durch die die auf dem Plakat beschriebenen Bedeutungsaspekte hervorgehoben, andere hingegen ausgeblendet werden und dass ein impliziter Schluss vermittelt wird, der nicht ausdrücklich gesagt werden muss.
Grundlage für das Poster sind Vorarbeiten von Lehramtsstudierenden, die sich im Sommersemester 2025 im Rahmen des Seminars „Sprachgebrauch in der Demokratie“ mit dem Thema „Metaphern und Frames in der politischen Kommunikation“ beschäftigt haben. Im Zuge einer Projektgruppenarbeit und eigenen Datenanalysen konnten sie herausstellen, dass „Asylparadies“ eine relevante Metapher politischer Kommunikation von rechtspopulistischen Akteur*innen darstellt. Das Exponat bietet – im Sinne eines Werkstattberichts – einen Impuls zur Beschäftigung mit diesem Sprachbeispiel und zur Auseinandersetzung mit Metaphern als Phänomen der (politischen) Sprache.
Anmerkungen zu den Elementen des Posters:
Bildelement
Das Bild zeigt ein Beispiel, wie die Metapher „Asylparadies“ multimodal umgesetzt und dadurch sogar noch verstärkt wird. Die Bedeutungsperspektivierung, die im Text des Posters beschrieben wird, wird durch die visuelle Umsetzung besonders deutlich, die implizite Argumentation, dass „Asylparadies“ müsse beendet werden, noch verstärkt. In diesem Zusammenhang können Schüler*innen ihre eigenen Eindrücke und Wahrnehmungen schildern (siehe Intervention).
Bildquelle:
afdkompakt.de/2024/10/14/polen-macht-es-vor-asylrecht-sofort-aussetzen/ [25.10.2025].
QR-Code
Der QR-Code lädt dazu ein, sich mithilfe von weiterem Material, mit tatsächlichen Lebensumständen von Asylbewerber*innen auseinanderzusetzen und so die Bedeutungsperspektivierung durch die Metapher zu hinterfragen. Das Material wurde von der Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen erstellt und ist online frei verfügbar.
Quelle: Pech, Jonael (2024): Die Lebenssituation von Geflüchteten. Stiftung Leben & Umwelt. Heinrich Böll Stiftung Niedersachsen. URL: www.slu-boell.de/de/2024/09/12/die-lebenssituation-von-gefluechteten [25.10.2025].
Menschenwürde
Das Poster
Die demokratische Verfassung der Bundesrepublik nennt die Menschenwürde an erster Stelle. Bewusst spricht sie nicht vom ‚Wert‘ des Menschen – ganz im Sinne Immanuel Kants, der diesen feinen Unterschied zwischen Wert und Würde herausstellt. Im eigentlichen Sinne kann und darf dem Menschen keinen (ökonomischen) ‚Wert‘ zugemessen werden, stattdessen sondern kommt ihm (s)eine Würde zu. Und das ist eine prinzipielle Aussage – das Grundgesetz spricht eben von der Würde des Menschen.
Interessant mag die Anleihe bei Samuel Pufendorf sein, einem Philosophen und Rechtsgelehrten des 17. Jahrhunderts. Das Bewusstsein des Menschen von seiner Selbstachtung ist Hinweis auf die ihm innewohnende Würde. Sie kann dem Menschen nicht genommen, wohl aber beschädigt werden. Wer einen Menschen demütigt, vor anderen bloßstellt, beschämt, lächerlich macht, gar missbraucht (als Mittel für einen bestimmten Zweck) oder foltert, beschädigt die Würde dieses Menschen.
Elemente des Posters und mögliche Vertiefungen
- Foto vom Eingang der Gedenkstätte Oberer Kuhberg in Ulm, einem sogenannten frühen Konzentrationslager, in dem die Würde von vielen Menschen sofort mit dem Beginn der NS-Diktatur beschädigt wurde.
Ein virtueller Besuch der Gedenkstätte ist möglich unter (www.dzok-ulm.de/gedenkstaette/). Real oder auch virtuell ist die Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt/Weinstr. ein nahegelegenes Ziel (www.gedenkstaette-neustadt.de). Was lässt sich an diesen Orten über die Bedeutung des Einsatzes für die Menschenwürde erkennen und lernen? - Die Königsskulpturen von Diakon und Sozialarbeiter Ralf Knoblauch (an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die Erlaubnis des Abdrucks) setzen die Würde des Menschen sinnenfällig in Szene und an die unterschiedlichsten Orte, wie ein Besuch der Homepage zeigt (www.ralfknoblauch.de/wp/).
Hintergründe zu seiner Arbeit lassen sich in Reportagen entdecken (www.katholisch.de/artikel/30884-diakon-knoblauch-und-seine-koenige-ein-weltweites-symbol-fuer-die-wuerde).
Bei der Arbeit mit der abgebildeten Figur könnte man fragen: Welche Adjektive kann man dieser Skulptur verleihen? Und wie kann man mit diesen Adjektiven einen Bildtitel verfassen (und ihm so eine subjektbezogene Deutung geben)? - Die Demonstrationen gegen den amtierenden US-Präsidenten („No Kings“) werfen die Frage auf: Ist es angemessen, das Bild der Königswürde für einen Menschen zu verwenden? Liegt da nicht die Gefahr, den Narzissmus zu fördern – wenn er so in den Mittelpunkt gestellt wird?
- Oder sind diese Königskulpturen in ihrer Erscheinung und mit ihrem (Gesichts-) Ausdruck gerade Gegenbilder einer selbstbezogenen, diktaturähnlichen Herrschermentalität? Hier gäbe es vermutlich viel zu kommentieren und zu diskutieren – die Zettelwand soll dies befördern.
Interventionen
- Welche konkreten Beispiele, Situationen, Erfahrungen können wir erzählen, in denen etwas von Menschenwürde heute erkennbar wird?
- Wo zeigt sich, dass andere für die Würde eines Menschen eintreten -im Kleinen wie im Großen?
- Wie beantworte ich die letzte Frage auf dem Poster? Und: Sollten auch andere Menschen meine Antwort kennenlernen?
Rechtsstaatlichkeit
Das Poster
Was schützt das Leben in einem Staat? Die Antwort des Grundgesetzes lautet: die Grundrechte, denen die Legislative (Parlament), die Exekutive (Verwaltung, (Polizei-)Behörden) und die Judikative (Justiz) im Sinne der Gewaltenteilung verpflichtet sind. Dies ist eine Lehre aus der NS-Gewaltherrschaft – und ein Konzept gegen einen Rückfall in die Diktatur.
Elemente des Posters und mögliche Vertiefungen
- Definition: Der QR-Code verweist auf das Jugendlexikon Hanisauland der Bundeszentrale für politische Bildung – eine Fundgrube, um sich weiter ins Thema zu vertiefen (www.hanisauland.de).
Übrigens: Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 fordert in sieben von dreißig Artikeln rechtsstaatliche Verhältnisse (Art. 6-12)! - Die Figur der Justitia (Zeichnung: Tina Stolt, PRTU) kann beschrieben und gedeutet werden:
- die verbundenen Augen, die Rechtsfragen ohne Ansehen der Person entscheiden;
- die Waage, die darauf verweist, dass stets beide Seiten eines Streites zu hören sind, Gerechtigkeit hergestellt werden soll;
- das scharfe Schwert, das die Bereitschaft symbolisiert, klare Entscheidungen zu treffen.
Verschiedene andere Darstellungen zeigen Justitia auch mit einer Waage, die nicht im Gleichgewicht ist. Das wird häufig mit der Regel ‚im Zweifel für den Angeklagten‘ („in dubio pro reo“) verbunden. In einem Rechtsstaat muss also der Ankläger die Schuld nachweisen – nicht der Angeklagte seine Unschuld.
Interventionen
- Die angebotenen Themenfelder können in Gruppen bearbeitetet und abschließend stichpunktartig zusammengetragen werden. Wie kann man danach mit eigenen Worten beschreiben, was einen Rechtsstaat ausmacht?
- Schutzschilder für den Rechtsstaat (Idee: Lisa Wick, RPTU): Die gefundenen Erkenntnisse können anhand der in der Ausstellung aufliegende Vorlage in eigene grafische Skizzen gebracht werden. Im Anschluss bietet sich ein Rundgespräch an: Welche Erkenntnisse über den Rechtsstaat sind mir wichtig geworden?
Politische Sprache im Deutschunterricht
Das Poster
Politische Sprache bietet viele Ansatzpunkte, um als Gegenstand im Schulunterricht Zugänge zu Demokratiebildung zu ermöglichen. Auch im Deutschunterricht sind entsprechende Inhalte relevant, was der Zusammenhang von Sprache und Politik verdeutlicht (vgl. Niehr 2014; Girnth 2015) und wie auch im Lehrplan des Faches Deutsch für die Sekundarstufe I in Rheinland-Pfalz hervorgehoben wird (Ministerium für Bildung 2021).
Das auf Vorarbeiten von Studierenden beruhende Poster offeriert mit der Concept-Map ein didaktisches Instrument, mit dem die Beschäftigung mit Konzepten wie z.B. ‚Demokratie‘ im Unterricht angestoßen werden kann. Wichtig ist hierbei, dass eine gemeinsame Auseinandersetzung von Lehrkräften und Schüler*innen nicht bei der Concept-Map stehen bleibt, sondern diese zunächst nur Impulse und Anknüpfungspunkte für die weiteren Diskussion innerhalb der Klasse aber auch die gezielte Unterrichtsvorbereitung der Lehrkraft bieten kann. Das Exponat entstand im Kontext einer Projektgruppenarbeit aus dem Seminar „Sprachgebrauch in der Demokratie“ (Sommersemester 2025), in der sich eine Gruppe von Lehramtsstudierenden mit Möglichkeiten der didaktischen Umsetzung von politischer Sprache im Deutschunterricht beschäftigt hat.
Anmerkungen zu den Elementen des Posters:
Bildelement
Das Bildelement auf dem Poster ist eine beispielhafte Visualisierung einer Concept-Map zum Begriff ‚Demokratie‘ und ist als solches eine eigene Darstellung der Poster-Autorinnen. Es lädt zur Diskussion darüber ein, welche Elemente passend erscheinen, welche noch hinzugefügt werden könnten, welche eventuell zu vernachlässigen sind.
Bildquelle:
Concept-Map ‚Demokratie‘, eigene Darstellung, erstellt mit Canva.
Literaturverweise
Girnth, Heiko (2015): Sprache und Sprachverwendung in der Politik. Eine Einführung in die linguistische Analyse öffentlich-politischer Kommunikation. 2. überarb. und erw. Auflage. Berlin & Boston: De Gruyter.
Jugendwahlstudie (2024): Jugendwahlstudie. Institut für Generationenforschung. URL: www.generation-thinking.de/post/jugendwahlstudie-2024 [25.10.2025].
Ministerium für Bildung (2021): Lehrplan Deutsch. Sekundarstufe I, Klasse 5 – 10. URL: bildung.rlp.de/lehrplaene/seite/1 [25.10.2025].
Niehr, Thomas (2014): Einführung in die Politolinguistik. Gegenstände und Methoden. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.